HeatResBuild

Hitzeresiliente Gebäude - Wechselwirkung von Hitzeanpassungsmaßnahmen in Gebäuden und Freiraum, indikatorenbasierte Wirksamkeitsbewertung, Umsetzungsdynamik und Gesundheitsaspekte

Problemstellung

Die Hitzebelastung in Gebäuden nimmt aufgrund der voranschreitenden Klimaerwärmung und der zunehmenden Versiegelung in Städten immer weiter zu. Der aktuelle Stand der Forschung weist jedoch bezüglich der Bewertung der Überhitzung in Gebäuden noch zahlreiche Unsicherheiten auf. So gibt es bisher keinen international einheitlichen Standard wie die Überhitzung von Innenräumen von Wohngebäuden zu bewerten ist. Auch der in Deutschland geltende Standard, die DIN 4108-2, berücksichtigt in ihrer Bewertung des sommerlichen Wärmeschutzes per Simulationsverfahren einige relevante Faktoren nicht. Des Weiteren konzentrieren sich die meisten wissenschaftlichen Arbeiten auf Fallstudien für einen bestimmten Ort, ohne einen räumlichen Vergleich zwischen Stadt und Land oder zwischen unterschiedlichen Regionalklimata innerhalb eines Landes zu durchzuführen. Auch die Wechselwirkung zwischen Hitzeanpassungsmaßnahmen im Freiraum und Gebäude ist bisher unzureichend erforscht, ebenso wie die Ursachen für die beobachtete geringe Umsetzungsdynamik von Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel.

Das Projekt HeatResBuild adressierte diese relevanten Forschungslücken in Verbindung mit den IÖR-Forschungsprojekten HeatResilientCity, Klimakonform und PoliMod und entwickelte hierfür Lösungsansätze.

Forschungsfragen

Das HeatResBuild Projekt adressiert der folgenden vier zentralen Forschungsfragen im Bereich der Überhitzung im Gebäude:

Mit welchen Indikatoren lässt sich die Hitzebelastung im Gebäude geeignet bewerten, sowohl wissenschaftlich als auch in der Praxis?

Ist ein Gebäude, das in Dresden hitzerobust ist, es auch in anderen Städten Deutschlands wie Hamburg oder Stuttgart? Wie groß ist der Einfluss auf die Überhitzung der Wohnung, ob das Gebäude in der Innenstadt oder im Umland errichtet wurde?

Welche Auswirkungen haben Hitze-Anpassungsmaßnahmen im Freiraum auf die Intensität der Überhitzung von Innenräumen in Gebäuden?

Wie lässt sich die Umsetzungsdynamik von Anpassungsmaßnahmen gegen Sommerhitze deutlich erhöhen?

Projektergebnisse

In dem Projekt HeatResBuild wurde die Hitzebelastung in Wohngebäuden aus mehreren Perspektiven untersucht und dabei die folgenden Schwerpunkte beleuchtet:

  1. Unter Nutzung der Modellkette von mikroskaliger Stadtklimasimulation (durchgeführt vom Partner TU Dresden) mit Gebäudesimulation (siehe Abbildung unten) wurde analysiert, inwieweit sich abkühlende Effekte von Hitzeanpassungsmaßnahmen im Freiraum auf die Hitzebelastung in Wohngebäuden auswirken. Die wesentlichsten Erkenntnisse sind leicht verständlich in deutschsprachigen Steckbriefen zusammengefasst: (https://doi.org/10.5281/zenodo.8094182 (Kurzfassung: https://doi.org/10.5281/zenodo.8143329). Tiefergehende wissenschaftliche Analysen sind in einem Open Access Journal veröffentlicht: https://doi.org/10.1016/j.crm.2024.100615.
     
  2. Die Auswirkung unterschiedlicher Regionalklimata sowie des Hitzeinseleffekts auf die Überhitzung im Gebäude wurde über einen Ansatz analysiert, in dem meteorologische Messdaten des Deutschen Wetterdienstes der letzten 30 Jahre für vier verschiedene Standorte in Deutschland statistisch ausgewertet werden. Dabei wurde für jeden Standort ein durchschnittlicher Sommer im Zeitraum der letzten 30 Jahre ermittelt sowie über Klimaprojektionen ein zukünftig durchschnittlicher Sommer in 30 Jahren. Zudem wird für die verschiedenen Standorte durch Aufprägung des Stadtinseleffektes (durchgeführt vom Partner TU Dresden) untersucht, inwiefern sich die Hitzebelastung im Gebäude unterscheidet, je nachdem ob es in der Stadt liegt oder außerhalb. Die Auswirkung der daraus verschiedenen meteorologischen Datensätze auf die Überhitzung im Gebäude wurden mittels thermischen Gebäudesimulationen geprüft. Die lokalen Unterschiede im Stadtklima in Deutschland, der Einfluss des Stadtklimas und des Zukunftsklimas auf die Hitzebelastung im Gebäude sind imens. So sind gewisse Gebäudetypen, die im Umland von Städten hitzeresilient sind, es nicht zwingend im Stadtraum oder in der Zukunft. Die Bearbeitung dieses Themas erfolgt in Zusammenarbeit mit dem HeatResilientCity II Projekt. Die Erkenntnisse sind in deutschsprachigen Steckbriefen leicht verständlich zusammengefasst (https://doi.org/10.5281/zenodo.8143331) und für wissenschaftlichere Betrachtungen einem Open Access Journal veröffentlicht (https://doi.org/10.1016/j.cacint.2024.100163).
     
  3. Für die Bewertung der Hitzebelastung im Gebäude existieren Indikatoren, deren Aussagekraft jedoch limitiert ist. Aufbauend auf diesen existierenden Indikatoren soll die Bewertbarkeit von Hitzebelastung in Wohngebäuden verbessert und genauere wissenschaftliche aber auch praxistaugliche Indikatoren entwickelt werden. In dem Zusammenhang wurde über eine ausgiebige Literaturrecherche auch geprüft werden, ob der Stand der Wissenschaft und Praxis ausreicht um die Verknüpfung von Hitzebelastung im Innenraum zur gesundheitlichen Belastung hergestellt werden kann. Im Zusammenhang mit dem HRC II Projekt wurde zusammen mit der HTW an der Erstellung eines Praxisindikators sowie an der Weiterentwicklung eines wissenschaftlichen Indikatorensets auf Grundlage bestehender Indikatoren gearbeitet. Der Praxisindikator bewertet die Hitzebelastung in Räumen, sowie die Wirkung verschiedener Hitzeanpassungsmaßnahmen auf qualitative Art über ein fünfteiliges Ampelsystem. Die Einschätzung erfolgte dabei aus den Erkenntnissen bisheriger Gebäudesimulationen und Monitoring des Innenraumklimas. Der Praxisindikator dient einer ersten (groben) Einschätzung und adressiert eher interessierte Bürgerinnen und Bürger und keine Fachplaner. Er ersetzt dabei nicht die Planung oder genauere Betrachtungen durch Gebäudesimulationen. Dieser Praxisindikator wurde nach erfolgreichem Test durch Praxispartner der Landeshauptstadt Dresden und Erfurt im HRC-Tool verwendet um die Wirksamkeit von Hitzeanpassungsmaßnahmen zur Reduktion der Hitzebelastung im Innenraum zu bewerten.
    Das wissenschaftliche Indikatorenset baut auf den vorhandenen Indikatoren der Übertemperaturgradstunden der DIN 4108-2 auf und erweitert diesen um Raumnutzung und vor allem um die Adaption des Menschen an sich ändernde Temperaturen im Sommer. Dieser ist in einem englischsprachigen Buch frei verfügbar zur Nutzung und Weiterentwicklung: https://doi.org/10.1515/9783111318653-004.
    In einem weiteren Schritt sollte durch eine umfassende Literaturrecherche geprüft werden, ob der Stand der Wissenschaft und Praxis ausreicht um die Verknüpfung von Hitzebelastung im Innenraum über das wissenschaftliche Indikatorenset auf die gesundheitliche Belastung herzustellen. Die Haupterkenntnis ist, dass das Wissen wie sich hohe Raumtemperaturen auf das sehr individuelle Empfinden der Hitzebelastung und gesundheitlicher Schädigungen zu fragmentiert ist um es zum jetzigen Forschungsstand in einen Indikator zu überführen. Hieran wird weitergearbeitet. Wesentliche Erkenntnisse sind im Hitzehandbuch der Landeshauptstadt Dresden zu finden, an der das IÖR mitgewirkt hat: https://doi.org/10.1515/9783111318653-004 
     
  4. Die Umsetzungsdynamik von Hitzeanpassungsmaßnahmen sowohl im Freiraum als auch im/am Gebäude ist aktuell in der Praxis noch sehr gering. Um die komplexen Ursachen im größeren Kontext der Umsetzung des Schwammstadtkonzeptes zu untersuchen, war das Ziel ein erklärendes Systemmodell mit Experten aus der Praxis. Hierfür war die Zusammenarbeit mit dem BUND Dresden (Projekt Schwammstadt Dresden) von zentraler Bedeutung. Gemeinsam wurden drei dreistündige Modellierungsworkshops mit der AG Schwammstadt der Lansdeshauptstadt Dresden (fachübergreifende Zusammensetzung aus der Verwaltung) und der Stadtentwässerung Dresden durchgeführt. In diesen wurde gemeinsam ein qualitatives Systemmodell („Causal Loop Diagram“) entwickelt, welches die komplexe Problemstellung der schleppenden Umsetzung des Schwammstadtkonzeptes in Dresden auf aggregierter Weise beleuchtet. Diese Workshops diente zudem als Test inwieweit diese Methode für Akteure in der Verwaltung passfähig ist. Die Erkenntnisse können auf Nachfrage bereit gestellt werden.
    In Verbindung mit dem PoliMod-Projekt wurde ein qualitatives Systemmodell (Causal Loop Diagram), ein System Dynamics sowie ein agentenbasiertes (konzeptionelles) Simulationsmodell zur Analyse des Motivationsprozesses zur Implementation von Schwammstadt-Anpassungsmaßnahmen in einem Wohnquartier erstellt und mit Expert*innen und Fachbehörden validiert. Diese Erkenntnisse wurden in einem hochrangigem Open-Access Journal veröffentlicht:  https://doi.org/10.1016/j.jclepro.2024.142722

Weiterführende Literatur zu dem Projekt

Das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e. V. wird gemeinsam durch Bund und Länder gefördert.

FS Sachsen

Diese Maßnahme wird mitfinanziert mit Steuermitteln auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.