Die sozial-ökologische Krise – also die Verschärfung von sozialer Ungleichheit und Umweltproblemen gleichermaßen – ist für die Menschen im Alltag immer stärker spürbar. Extremwettereignisse nehmen zu, der Klimawandel ist in den Medien immer öfter zu finden und Zukunftsängste vor den verheerenden Auswirkungen der Nachhaltigkeitskrisen nehmen in der Gesellschaft immer weiter zu. Dennoch sind unsere Schritte in Richtung Nachhaltigkeit eher zaghaft. Hat dies vielleicht auch mit der Entfremdung des Menschen von der Natur zu tun? Gerade in Städten gibt es abgesehen von städtischen Grünflächen nur noch wenige Berührungspunkte mit der Natur.
Die umfangreiche Zerstörung von Natur wird in der Stadt kaum wahrgenommen. Aber auch über die Stadt hinaus sieht sich der Mensch in unserer modernen Gesellschaft als der Natur überlegen an. Sie wird als lebloses Objekt und frei verfügbare Ressource wahrgenommen. Die Endlichkeit natürlicher Ressourcen wird in dieser Weltsicht ausgeblendet. Ein Ausweg könnte sein, Natur für den Menschen wieder ganz konkret erfahrbar zu machen, den Menschen gleichsam an die Natur zurückzubinden.
In unserer Forschung beschreiben und bewerten wir verschiedene Formen städtischer Mensch-Natur-Beziehungen, ihre Ökosystemleistungen und deren Auswirkungen auf individuelle und gesellschaftliche Beiträge zur Nachhaltigkeitstransformation. In unterschiedlichen Projekten analysieren und schaffen wir Begegnungsräume mit der Natur in der Stadt. Zum Beispiel mit kleinen Grünflächen als Bausteine einer urbanen grünen Infrastruktur, die einen Beitrag zu biologischer Vielfalt, Ruhe und Erholung sowie zur Temperatur- und Wasserregulierung leisten und von einzelnen Einwohnenden umgesetzt werden könne. Auch das Konzept der „essbaren Städte“ kann durch die Bereitstellung von kostenlosen Lebensmitteln auf öffentlichen Flächen und durch städtisches Gärtnern Mensch-Natur-Beziehungen stärken und einen nachhaltigen Lebensmittelkonsum fördern.
Christoph Woiwode beschäftigt sich mit Fragen der Transformation für Nachhaltigkeit auf individueller, kollektiver und systemischer Ebene. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf oft vernachlässigten inneren Dimensionen wie Werten, Weltanschauungen und Gefühlen hinsichtlich der Beziehung der Menschen zur Natur und zur gebauten Umwelt. Ziel ist es, diese Erkenntnisse in Planungsprozesse einzubringen um damit Entscheidungen und das Handeln tiefgreifend nachhaltig zu gestalten.
Claudia Dworczyk beschäftigt sich mit Mensch-Natur-Beziehungen unter den Herausforderungen von Landnutzungswandel, Urbanisierung, Klimawandel und Biodiversitätsverlust. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Erfassung und Bereitstellung von Daten zur Rolle der Stadtnatur, insbesondere von Stadtbäumen. Ziel ist, einen Beitrag zum menschlichen Wohlbefinden, zur Stärkung urbaner Ökosysteme und Biodiversität sowie zur Förderung der Widerstandsfähigkeit von Städten gegenüber Umweltrisiken zu leisten.
Neelakshi Joshi befasst sich mit Fragen der sozial-ökologischen Gerechtigkeit im Kontext von Städten und Regionen, die sich mit dem Klimawandel auseinandersetzen.
Karsten Grunewald befasst sich mit Biodiversitätsindikatoren und Ökosystemleitungen. Er erforscht, wie Natur bewertet und dies in politische und wirtschaftliche Entscheidungsprozesse einfließen kann. Dies stellt eine neue Grundlage zur Wertschätzung von Biodiversität dar, zum Beispiel als Teil einer erweiterten Wohlstandsberichterstattung.
Jessica Hemingway beschäftigt sich mit der Integration von Sozialwissenschaften, insbesondere der Umweltpsychologie, in die lokale Planung. Sie ist eine Verfechterin der städtischen Umweltakupunktur, die darauf abzielt, die Verbindung zwischen Stadtbewohnern und Natur durch strategische, kleinräumige Eingriffe in die Stadtlandschaft zu verbessern.
Das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e. V. wird gemeinsam durch Bund und Länder gefördert.
Diese Maßnahme wird mitfinanziert mit Steuermitteln auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.