MultiRisk

Resilienz der gebauten Umwelt gegenüber Naturgefahren – Methoden zur Identifikation und Bewertung multifunktionaler Risikoreduktionskonzepte

Problemstellung
Die gebaute Umwelt – unsere Städte, Gebäude und von Menschen gestalteten Freiflächen – steht vor großen Herausforderungen durch die Folgen des globalen Klimawandels. Besonders die Zunahme von extremen Wetterereignissen wie Hitzewellen, Starkregen und Dürren stellt eine wachsende Gefahr dar. Diese Naturgefahren bedrohen nicht nur Menschenleben, sondern auch Eigentum und wirtschaftliche Werte. Daher wird es immer wichtiger, Städte und Regionen widerstandsfähiger gegenüber diesen Gefahren zu machen.

Die Risiken dieser Naturgefahren sind miteinander verbunden. Sie sind voneinander abhängig, können sich gegenseitig auslösen und verstärken. Es kommt zu dynamischen Wechselwirkungen zwischen und innerhalb der Risikotreiber Gefahr, Vulnerabilität und Exposition. Diese Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Gefahren und die resultierende dynamische Entwicklung von Vulnerabilität und Exposition müssen in sogenannten Multi-Risikobewertungen ganzheitlich betrachtet werden.

Während bereits viel Wissen über Überschwemmungen an Flüssen existiert, besteht noch erheblicher Forschungsbedarf bei Risiken durch Hitze, Dürre oder Starkregen. Bisher haben wissenschaftliche Projekte Methoden entwickelt, die sich meist nur auf einzelne Naturgefahren konzentrieren. Allerdings fehlen noch umfassende Ansätze, der verschiedene Gefahren und deren Auswirkungen miteinander verknüpfen und systematisieren.

Ziele
Im Projekt MultiRisk wollen wir ein umfassendes Methodenpaket entwickeln, das dabei hilft, Maßnahmen zur Reduzierung von Risiken und Ihrer Kombinationen bspw. durch das zusammenhängende Auftreten verschiedener Naturgefahren zu identifizieren und zu bewerten. Diese Naturgefahren umfassen unter anderem Flusshochwasser, Starkregen, Hitze und Dürre. Das Ziel ist es, Konzepte zu finden und zu bewerten, die gleichzeitig die Auswirkungen von mindestens zwei dieser Gefahren auf einen bestimmten Rezeptor (also Elemente wie z. B. Menschen, Gebäude, Infrastrukturen oder Vegetation) mindern können.

Forschungsfragen
Die Forschung im Projekt MultiRisk beschäftigt sich mit der Frage, wie unsere Städte und Gebäude durch gezielte Anpassungsmaßnahmen resilienter gegen Umweltgefahren gemacht werden können. Diese Gefahren entstehen durch Umweltveränderungen, die sowohl durch natürliche Prozesse als auch durch menschliche Einflüsse wie den Klimawandel verursacht oder verstärkt werden.

Dabei beschäftigen wir uns mit den folgenden konkreten Fragen:

  • Wie können die räumlich und zeitlich zusammenhängenden Wirkungen von mehreren Naturgefahren (insbesondere Flusshochwasser, Starkregen, Hitzebelastungen und Hitzewellen, Trockenheit und Dürre) auf Rezeptoren systematisiert werden? Wie können räumlich-zeitliche Überlagerungen sowie einander verstärkende Wirkungen für ausgewählte Rezeptoren, wie bspw. Gebäude, identifiziert werden?
  • Mit welcher Kombination von Methoden lassen sich Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge verschiedener Naturgefahren einzelrezeptorbezogen und skalenübergreifend analysieren?
  • Inwieweit können vorhandene Wirkmodelle für die Operationalisierung dieser Beschreibung erweitert bzw. miteinander gekoppelt werden? Welche Schnittstellen und Skalenübergänge spielen hierfür eine entscheidende Rolle?
  • Welche Indikatoren sind auf den verschiedenen Maßstabsebenen für stakeholderspezifische Entscheidungsprozesse zur Reduktion von Multi-Risken hinreichend aussagekräftig?
  • Welchen Beitrag leisten Konzepte der multifunktionalen Riskobewertung für Einzelrezeptoren zur Erschließung von Anpassungskapazitäten und urbaner Resilienzerhöhung der gebauten Umwelt mit dem Ziel einer Risikoreduktion?

Methodik
Im Leitprojekt MultiRisk greifen wir die oben beschriebenen Herausforderungen auf und nutzen dabei bereits vorhandene Methoden als Grundlage, um neue Lösungsansätze zu entwickeln. Das Projekt MultiRisk besteht aus fünf miteinander verbundenen Arbeitspaketen (AP), die sich gegenseitig ergänzen und aufeinander aufbauen:

AP 1: Konzeptioneller Rahmen
Hier entwickeln wir ein Konzept, das die verschiedenen Methoden zur Analyse von Naturgefahren und deren Auswirkungen auf Gebäude und andere wichtige Strukturen zusammenführt. Dabei berücksichtigen wir existierende Modelle, Werkzeuge wie geografische Informationssysteme (GIS) und verschiedene Faktoren, die bei der Anwendung dieser Methoden eine Rolle spielen. Hierzu gehört auch die Kommunikation mit den Zielgruppen in Wissenschaft und Praxis.

AP 2: Zielanalyse zur multifunktionalen Risikoreduktion und Kontextbedingungen
In diesem Arbeitspaket untersuchen wir, welche rechtlichen und sozialen Rahmenbedingungen bei der Risikobewertung auf verschiedenen Ebenen, wie Gebäuden oder Stadtquartieren, berücksichtigt werden müssen. Wir identifizieren auch die wichtigsten Indikatoren, die Entscheidungsträgern helfen, die Risiken besser einzuschätzen. Konkret sind folgende Schritte geplant:

  1. Zielanalyse zur multifunktionalen Risikoreduktion auf den räumlichen Ebenen Gebäude, Quartier und Kommune
  2. Identifikation von aussagekräftigen Indikatoren zur Risikobewertung für stakeholderspezifische Entscheidungsprozesse

AP 3: Modellkonzept zur multifunktionalen Risikobewertung
Hier entwickeln wir ein Konzept, wie verschiedene zusammenhängende Naturgefahren und deren kombinierte Auswirkungen analysiert werden können. Wir bewerten, welche Maßnahmen am effektivsten sind, um Gebäude und Städte vor diesen Multi-Risiken zu schützen, und testen diese rezeptorbezogenen Modelle in Workshops mit Fachleuten. Konkret sind folgende Schritte geplant:

  1. Entwicklung eines rezeptorbezogenen, multifunktionalen Risikobewertungskonzepts für multiple Naturgefahren
  2. Entwicklung eines Konzepts für die skalenübergreifende Methodenkombination für einzelne Naturgefahren
  3. Eine deskriptive konzeptionelle Analyse von mehreren Rezeptoren und deren Wirkungszusammenhängen
  4. Entwicklung von Indikatoren zur multifunktionalen Risikobewertung

AP 4: Anwendung und Test des Methoden-Sets für eine multifunktionale Risikobewertung
In diesem Arbeitspaket wählen wir zunächst einen passenden Anwendungsfall aus, basierend auf Faktoren wie Exposition, Vulnerabilität und Datenqualität. Dieser wird anschließend getestet, um zu sehen, wie gut die Methoden funktionieren. Später fügen wir weitere relevante Anwendungsfälle hinzu, um zu prüfen, ob die Methoden auch in unterschiedlichen Situationen anwendbar und übertragbar sind. Unser langfristiges Ziel ist es, diese Methoden auf Szenarien anzuwenden, bei denen mehrere Gefahren gleichzeitig auftreten.

AP 5: Einordnung der vorläufigen Projektergebnisse in die Resilienzdiskussion
Schließlich ordnen wir die bisherigen Ergebnisse in die breite Diskussion über urbane Resilienz ein. Wir klären, was Resilienz im Kontext unseres Projekts bedeutet, und bereiten die Ergebnisse für Veröffentlichungen vor.

 

Das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e. V. wird gemeinsam durch Bund und Länder gefördert.

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