In vielen europäischen Städten sind Bäche und Flüsse im Laufe der Geschichte aus dem Stadtbild verschwunden. Sie wurden nicht nur begradigt bzw. kanalisiert, sondern zu großen Teilen auch überbaut, sodass sie das Stadtgebiet nur noch unterirdisch durchfließen. In Zeiten des Klimawandels kommt den großen und kleinen Fließgewässern in Europas Städten immer größere Bedeutung zu. Sind die Bäche und Flüsse mit angrenzenden Grünflächen sinnvoll gestaltet, können diese grün-blauen Korridore nicht nur für Abkühlung und frische Luft in dicht bebauten Stadtquartieren sorgen. Sie bieten zugleich Lebensraum für Pflanzen und Tiere und leisten so einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt. Nicht zuletzt profitiert auch die Stadtbevölkerung von renaturierten Flüssen und Bächen – sie gewinnt Raum für Erholung und Lebensqualität. Zudem können die Flächen auch im Fall von Überschwemmungen und Hochwasser eine wichtige Schutzfunktion übernehmen.
Viele Gründe sprechen für ein naturorientiertes Management städtischer Fließgewässer. Doch entsprechenden Maßnahmen fehlt es oft an einer breiten Akzeptanz. Wie lässt sich dies ändern? Wie lässt sich die Akzeptanz für die Umsetzung naturbasierter Lösungen anstelle von technischen erhöhen? Wie lassen sich verschiedene Herausforderungen wie Platzmangel, Eigentumsverhältnisse und unterschiedliche Interessenlagen städtischer Akteur*innen angehen? Diesen Fragen widmet sich das Interreg-Projekt ReBioClim (Restoring urban streams to promote biodiversity, climate adaptation and to improve quality of life in cities, deutsch: Wiederherstellung städtischer Fließgewässer zur Förderung der biologischen Vielfalt, der Klimaanpassung und zur Verbesserung der Lebensqualität in Städten) in den nächsten zweieinhalb Jahren. Zwölf Partnerorganisationen aus Deutschland, Polen, der Tschechischen Republik, der Slowakei und den Niederlanden arbeiten dafür zusammen. Ende Juni haben sie sich zum offiziellen Kick-off im tschechischen Jablonec nad Nisou getroffen und erste Schritte abgestimmt.
Ziel der Partner ist es, mit einem partizipativen Ansatz, der viele verschiedene Interessengruppen einbezieht, die Akzeptanz für Maßnahmen zu erhöhen, die kleinen Fließgewässern in Städten mehr Raum und ein natürlicheres Aussehen zurückgeben. Bäche in den Städten Dresden (Deutschland), Jablonec nad Nisou (Tschechien), Poznan (Polen) und Senica (Slowakei) dienen als Praxisbeispiele. Dort wird das Projektteam gemeinsam mit verschiedenen Akteur*innen Strategien und Aktionspläne für die erfolgreiche Umsetzung von naturbasierten Lösungen entwickeln und herausfinden, welche Maßnahmen besonders geeignet und zugleich akzeptiert sind. In Dresden und Senica soll die Umsetzung erster Maßnahmen noch während der Projektlaufzeit beginnen.
Die Erfahrungen und Ergebnisse fließen unter anderem in einen Best-Practice-Leitfaden sowie ein Handbuch mit praktischen Hinweisen für die Renaturierung städtischer Fließgewässer ein. Sie werden damit auch Stadtplaner*innen und Entscheidungsträger*innen in anderen Städten Mitteleuropas zur Verfügung stehen und sie bei der Anpassung ihrer innerstädtischen Flüsse und Bäche unterstützen.
ReBioClim wird von der EU im Rahmen des Interreg Central Europe Programmes finanziert.
Weitere Informationen zum Projekt ReBioClim
Wissenschaftlicher Kontakt im IÖR
Dr. Ralf-Uwe Syrbe, E-Mail: r.syrbeioer@ioer.de
Dr. Henriette John, E-Mail: h.johnioer@ioer.de