IÖR-Texte

Nr. 157

Auswirkungen der baulichen Nutzung auf Bodenversiegelung und Grünausstattung von Gewerbeflächen

Günter Arlt, Jörg Hennersdorf, Iris Lehmann

Städtebauliche, ökologische und gestalterische Qualität von Gewerbegebieten fand in der Vergangenheit oft nur wenig Aufmerksamkeit. Die vorwiegend unter betriebswirtschaftlichen Aspekten entwickelten Gebiete erfüllten Basisanforderungen nach preisgünstigem Bauland, leistungsfähiger Infrastruktur, Marktnähe usw. Im stärker werdenden Städtewettbewerb erlangen  über die  Basisanforderungen hinaus gehende sozial-ökologische Anforderungen zunehmend an Bedeutung. Neben qualitativen Aspekten, wie Aufenthaltsqualität, Betriebsumfeldqualität, städtebauliche und Gebäudegestaltung, sind die ökologischen Funktionen gewerblicher Freiräume bzw. -flächen zunehmend in das Forschungsinteresse gerückt.

Im Rahmen des Forschungsprojektes "Gewerbestrukturen - Typenbildung und Ermittlung ökologischer Kenngrößen" sind am Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) empirische Untersuchungen an 1033 Gewerbeflächen zur Bodenbedeckungsstruktur, den ökologischen Flächenleistungen und zur Typenbildung durchgeführt worden. Die Strukturanalyse verdeutlicht, dass Industrie- und Gewerbegebiete teilweise erheblich günstigere ökologischen Rahmenbedingungen (Versiegelungsgrad, Abflussbeiwert, Grünflächenanteil) aufweisen, als Kern-, Zentrumsgebiete und Gründerzeitgebiete. Die gegenwärtige ökologische Qualität von Industrie- und Gewerbeflächen ist höher als in Kern-, Zentrumsgebieten und in der klimatisch lufthygienischen Situation mit Gründerzeitgebieten vergleichbar. Allerdings bestehen  deutliche Ausstattungsdefizite im  Grünvolumen.

Im Rahmen einer Wirkungsanalyse von strukturellen Einflüssen auf die ökologische Situation sind Modelle zur Berechnung von Versiegelungsgrad, Abflussbeiwert, ökologischem Flächenleistungswert und spezifischem Grünvolumen für Industrie- und Gewerbeflächen entwickelt worden.

Die Klassifizierung unterscheidet drei Segmente: Industrie- und Gewerbeflächen "mit natürlichen Wasserflächen" (ca. 0,5 % aller Flächen), "ohne Überbauung" (12 % ) und "mit Überbauung" (88 %). In den Segmenten "mit Bebauung" und "ohne Bebauung" sind Cluster mit deutlichen Unterschieden im Versiegelungsgrad, in den Nutzungsdichten und der Aufenthalts- und Betriebsumfeldqualität identifiziert worden.

Entwicklungspotenziale enthalten die Maßnahmen der Entsiegelung, der Begrünung von Pkw-Stellplätzen und Betriebsgrenzen mit großkronigen Bäumen, der Begrünung von Dächern und Fassaden, der Vernetzung des "Splittergrüns".  Deutliche mikroklimatische und lufthygienische Qualitätssteigerungen werden mit der Anlage von Teichen, Brunnen, Wasserspielen auch im Zusammenhang mit der naturnahen Regenwasserbewirtschaftung erzielt.

Das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e. V. wird gemeinsam durch Bund und Länder gefördert.

FS Sachsen

Diese Maßnahme wird mitfinanziert mit Steuermitteln auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.