Siedlungsrückzug

Recht und Planung im Kontext von Klima- und demografischem Wandel

Problemstellung

Klimawandel und demografischer Wandel sind zwei Herausforderungen, denen sich die Siedlungsentwicklung, insbesondere in den Bereichen Wohnen, Industrie und Infrastruktur zu stellen hat. Wenngleich nach wie vor Anpassungsstrategien im Sinne von Vorsorgemaßnahmen im Bestand präferiert werden, ist in bestimmten, besonders betroffenen bzw. gefährdeten Gebieten auch ein geordneter Rückzug von Siedlungen in Betracht zu ziehen.

Ziel

Prüfung der rechtlichen Machbarkeit im Vorfeld der Durchführung konkreter Siedlungsrückzugsmaßnahmen, um ggf. den Rechtsrahmen an die Erfordernisse anzupassen und/oder den Vollzug der (bestehenden) Normen zu erleichtern.

Forschungsfragen

  • Welches Rechtsregime ist für einen demografie- und klimabedingten Siedlungsrückzug erforderlich?
  • Welche Regelungen hält die Rechtsordnung für einen Siedlungsrückzug bereit?
  • Welche rechtlichen Belange stehen einem Rückzug ggf. entgegen?
  • Mit welchen Regelungen kann verhindert werden, dass nicht klimaresiliente Siedlungsstrukturen entstehen?
  • Welche Erfahrungen lassen sich in diesem Zusammenhang aus bestehenden Absiedlungsverfahren (z. B. Braunkohletagebau, Rückzug aus hochwassergefährdeten Gebieten, städtebauliche Sanierung, Flurbereinigung) ableiten?

Methodik

Die eingesetzten Methoden hängen von den unterschiedlichen Disziplinen und Fragestellungen ab. So stützte sich die Untersuchung bereits tatsächlich erfolgter Siedlungsrückzüge auf die systematische Auswertung einschlägiger Publikationen, Planungsdokumente und Experteninterviews. Die Auswertung der rechtlichen Rahmenbedingungen setzte eine Sichtung des diesbezüglich relevanten Normenbestands und juristischen Schrifttums voraus, um auf dieser Grundlage mit Hilfe der juristischen Auslegungsmethoden Möglichkeiten und Grenzen der rechtlichen Steuerung bestimmen zu können. Die Ableitung von rechtlichen Handlungsempfehlungen erforderte die Einbeziehung von Vertretern der beteiligten Fachdisziplinen aus Wissenschaft und Praxis in Einzelgesprächen und Diskussionsrunden, um die Ergebnisse fachlich abzusichern.

Ergebnisse

Das Projekt wurde mit der Vorlage eines Endberichts abgeschlossen. Es wurden viele neue Erkenntnisse gewonnen. Hervorzuheben ist, dass das Bauplanungsrecht insgesamt für die vorliegende Frage des Siedlungsrückzugs zu eigentümerfreundlich ausgestaltet ist. Vertragliche Lösungen bieten sich in unterschiedlichen Konstellationen und flankierend zur Raumplanung (insbesondere Bauleitplanung) an. Das Verhältnis der Eigen- zur staatlichen Vorsorge stellt einen weiteren diffizilen Punkt dar. Bei Rückzugsmaßnahmen aus Gründen des Klimawandels ist dabei das besondere Verhältnis von Gefahrenabwehr und Umwelt- bzw. Risikovorsorge zu beachten. Aus planerischer Sicht stellt sich die Frage nach der Maßstabsebene für Vorgaben zum Siedlungsrückzug (insb. Regional- und Bauleitplanung). Bei der Bewältigung der Infrastrukturfolgekosten lässt sich eine Steuerung über das Postulat der "Erschließung" von Vorhaben sicherstellen. Bei Rückzugsmaßnahmen ist nicht zuletzt aus Akzeptanzgründen die Verbesserung der Situation nach Durchführung der Maßnahme wichtig (bspw. bei Umweltbelangen). Letztlich werden konkrete Entscheidungen unter Abwägungsgesichtspunkten (Was ist dem Eigentümer zumutbar?) zu treffen sein. Auch Resilienzfragen sind einzubeziehen; sie gehen bereits Hand in Hand mit Siedlungsrückzugsmaßnahmen. Resümierend lässt sich festhalten, dass es keinen "goldenen" Weg mit dem optimalen Verfahren eines Siedlungsrückzugs gibt; in der Regel wird ein Portfolio-Ansatz zu Anwendung kommen müssen.

Endbericht:
Janssen, Gerold; Rubel, Carolin; Schulze, Falk; Keimeyer, Friedhelm; Plappert, Marie-Luise; Kröner, Anna
Siedlungsrückzug – Recht und Planung im Kontext von Klima- und demografischem Wandel. Dessau-Roßlau; Umweltbundesamt, 2016, S. 338 (Climate Change 21/2016)

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FS Sachsen

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